Meine letzte Hoffnung: Klageerzwingungsverfahren
Short English version in the comments
TRIGGER-WARNUNG: Thema sexueller Missbrauch
Vor knapp sieben Jahren wurde ich unter dem Einfluss von K.-o.-Tropfen vergewaltigt. Fünf Jahre später wurde der Täter anhand seiner DNA über die Datenbank gefunden. Dennoch hat die Staatsanwaltschaft mein Verfahren eingestellt. Um der Ohnmacht zu entkommen, habe ich eine Petition auf Change.org gestartet und über 100.000 Menschen unterstützen bis heute diesen Kampf um Gerechtigkeit – für mich selbst, aber ganz besonders auch für alle anderen Opfern, die keine Gerechtigkeit erfahren und kein Gehör finden. Die einzige Möglichkeit, die mir auf juristischem Wege jetzt noch bleibt, ist ein Klageerzwingungsverfahren. Die Kosten dafür werden von meiner Rechtsschutzversicherung nicht übernommen. Da es sich um ein sehr aufwändiges Verfahren handelt, hat mein Anwalt dafür einen Preis von ca. 5.000 Euro veranschlagt. Bitte unterstützt mich dabei, dass ich diesen Betrag schnellstmöglich zusammenbekomme. Alle überschüssigen Beträge fließen in die Gründung meines Vereins, im Rahmen dessen ich mich für die Themen K.-o.-Tropfen, sexualisierte Gewalt und die Entwicklung einer Konsenskultur starkmachen werde.
Hier noch die ausführliche Version meiner Geschichte:
Vor knapp sieben Jahren, in der Nacht vom 18. auf den 19. April 2013, änderte sich schlagartig mein Leben. Was mit einem ausgelassenen Abend mit Freunden begann, endete im Park mit einer Vergewaltigung. Was die Stunden davor passiert ist und wie ich in den Park gekommen bin, weiß ich bis heute nicht. Jemand hat mir K.-o.-Tropfen ins Glas getan und dafür gesorgt, dass ich leichte Beute war. Ich erinnere mich dunkel an einzelne, sehr schwammige Bilder, als ich langsam wieder zu mir komme – an ein Gebüsch und an zwei Männer, die sich an mir vergehen. Als ich ca. 12 Stunden nach der Tat in der Rechtsmedizin untersucht wurde, konnten keine Spuren der K.-o.-Tropfen mehr nachgewiesen werden, jedoch wurde ein immer noch erhöhter Blutalkoholwert festgestellt und es wurden außerdem Spermaspuren, also vollständige DNA, von einem der Täter sichergestellt. Leider gab es keine Übereinstimmung mit der Datenbank. Die Polizei glaubte mir nicht. Zehn Monate später wurde das Verfahren eingestellt, da ich aufgrund der viel zu schwammigen Erinnerungen keine Täterbeschreibung abgeben konnte.
Beim Weißen Ring, einer Hilfsorganisation für Kriminalitätsopfer, wird mir geglaubt. Ich erhalte Unterstützung und vor allem einen Anwalt. Dank ihm kann ich als Nebenklägerin auftreten und erhalte Akteneinsicht. Ich begann außerdem mich für die Thematik starkzumachen. Gab Interviews für Zeitungen, wirkte bei Fernsehsendungen mit und engagierte mich – vor allem auch im Namen der zahlreichen anderen Opfer, die selbst nicht in der Lage sind, ihre Stimme zu erheben. Dann plötzlich – zeitgleich mit der Ausstrahlung der 37-Grad-Sendung im ZDF im Mai 2018 – gab es auf einmal einen Treffer in der Datenbank. Ich war total aufgewühlt, denn damit hätte ich niemals gerechnet. Das Verfahren wurde wieder eröffnet, die Ermittlungen wieder aufgenommen.
Lange passiert nichts, da der Beschuldigte zunächst nicht auffindbar ist. Am 2. Januar 2019 dann der Anruf der Staatsanwältin: Sie teilt mir mit, dass der Beschuldigte zu meiner Sache keine Angaben macht, dass sie keine Chance auf eine Verurteilung sieht und deshalb das Verfahren einstellt. Als Begründung für die Einstellung führt sie meine Erinnerungslücken an, sowie die Tatsache, ich könnte in der Tatnacht auch noch mit anderen Männern Geschlechtsverkehr gehabt haben. Das ist sehr absurd und wenig nachvollziehbar – es gleicht einem Freifahrtschein für jeden Täter.
Mein Anwalt spricht von einem absolut skandalösen Vorgang. Aufgrund der eindeutig im Gutachten der Gerichtsmedizin nachgewiesenen Übereinstimmung der DNA, sieht er – im Gegensatz zu der Staatsanwältin – eine sehr große Chance auf eine Verurteilung. Er legt Beschwerde gegen die Einstellung ein und ich starte parallel dazu eine Petition auf Change.org.
Ich hätte niemals damit gerechnet, dass ich innerhalb kürzester Zeit so unfassbar viele Menschen unterstützen. Als ich am 16. April 2019 die Petition der Generalstaatsanwaltschaft übergebe, habe ich nicht nur über 90.000 Unterschriften, sondern sorge auch für einen riesigen Medienandrang. Ich drehe für ARD Brisant, Sat1 und RTL, zahlreiche Zeitungen und Radiosender sind vor Ort. Sogar die dpa berichtet darüber.
All das gibt mir große Hoffnungen. Ich engagiere mich weiter, kämpfe weiter. Es erscheinen weiterhin zahlreiche Artikel, wie zum Beispiel dieser hier in der Süddeutschen Zeitung.
Die Generalstaatsanwaltschaft teilt ihre Entscheidung nicht wie bei der Petitionsübergabe versprochen Anfang Mai mit. Stattdessen erfahre ich aus der Presse, dass die Staatsanwaltschaft noch ergänzenden Gesichtspunkten nachgehen will. Nach monatelangem Warten, Hoffen und Bangen dann im November die Ernüchterung: das Verfahren wurde zum zweiten Mal eingestellt. Ich stehe exakt an der gleichen Stelle wie im Januar und mein Anwalt legt erneut Beschwerde ein. Ich bin am Boden, doch Aufgeben ist keine Option.
Am Weltfrauentag erreicht mich dann die Nachricht meines Anwalts: die Beschwerde wurde abgelehnt. Meine einzige noch verbleibende Chance ist ein Klageerzwingungsverfahren. Doch diese sind extrem aufwendig und teuer. Meine Rechtsschutzversicherung lehnt eine Kostendeckung ab. Deshalb versuche ich jetzt gemeinsam mit eurer Hilfe schnellstmöglich die 5.000 Euro für meinen Anwalt zusammenzubringen, damit ich mir niemals vorwerfen muss, ich hätte nicht alles Menschenmögliche versucht. Damit ich weiterhin ein Vorbild für all die anderen Opfer sein kann, den Kampf um Gerechtigkeit niemals aufzugeben. Damit ich nicht wieder in der Ohnmacht versinke.
Sollte mehr Geld zusammenkommen als geplant, möchte ich dieses nutzen, um einen Verein zu gründen. Ich möchte mich auf gesellschaftlicher und politischer Ebene gezielt für Opfer von K.-o.-Tropfen und sexualisierter Gewalt einsetzen und für eine Konsenskultur kämpfen. Ich möchte Präventionsarbeit leisten, um die Zukunft für Mädchen und Frauen in Deutschland ein kleines Stückchen besser zu machen. Auch in meiner allerersten öffentlichen Rede (s. unten) anlässlich der Veranstaltung One Billion Rising in Wiesbaden habe ich darüber gesprochen, wie wichtig mir mein Engagement im Rahmen meines zukünftigen Vereins ist.
Euch alle möchte ich nun von Herzen um eure Unterstützung bitten, damit ich mithilfe dieses Klageerzwingungsverfahrens die Hoffnung auf einen fairen Prozess noch nicht aufgeben muss! Jeder noch so kleine Beitrag zählt. Und wenn ihr einfach nur mein Crowdfunding teilt und weiterverbreitet, ist mir schon sehr geholfen.
Herzlichen Dank im Voraus für Ihre/eure Unterstützung!
Liebe Grüße
Nina