
Ich bin kein Tierquäler Gerichts & Anwaltskosten
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Quelle: 20min
«Ich bin kein Tierquäler» - jetzt redet der bestrafte Fischer
Beim Fang des 2,45 Meter grossen Welses im Greifensee sei er «so schonend wie möglich» vorgegangen, sagt Fischer Kevin Widmer. Er wehrt sich gegen die Vorwürfe und legt Gegenbeweise vor.
«Der Beschuldigte hat fahrlässig ein Tier misshandelt, vernachlässigt, es unnötig überanstrengt oder dessen Würde in anderer Weise missachtet»: Die Staatsanwaltschaft See/Oberland macht in ihrem Strafbefehl gegen den Hobbyfischer Kevin Widmer (30) heftige Vorwürfe. Er sei unvorbereitet fischen gegangen, kenne sich zu wenig gut mit den hiesigen Gesetzen aus und missachtete tierschutzrechtliche Vorgaben beim Fang des über 2 Meter langen Welses. Der Strafbefehl wurde nicht angefochten und ist daher rechtskräftig.
Widmer wehrt sich nun vehement gegen die schweren Vorwürfe: «Einen Rekurs gegen den Strafbefehl konnte ich mir aber nach dem über einjährigen Prozess schlicht nicht mehr leisten.» Er habe über 10’000 Franken Gerichts- und Anwaltskosten übernehmen müssen und sei «finanziell ruiniert». «Mir wurde geraten, einen Schlussstrich zu ziehen und die Strafe zu akzeptieren – auch wenn mir alle Kollegen aus der Szene und auch Anwälte versicherten, nichts falsches getan zu haben», sagt Widmer. Sogar die Staatsanwaltschaft habe den Fall zu den Akten legen wollen, betont der Fischer.
Keine Verletzungen festgestellt
Eine Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft See/Oberland, die 20 Minuten vorliegt, untermauert diese Aussage. Die Staatsanwaltschaft hatte das Verfahren gegen Widmer im Dezember 2022 eingestellt. Auch weil der Berufsfischer, der den Wels von den Hobbyfischern entgegennahm, bei der Übergabe des Tieres keine Verletzungen festgestellt hat.
«Dem Beschuldigten kann nicht vorgeworfen werden, er hätte allfällige Qualen des Welses vorhersehen und vermeiden können oder aber gar absichtlich in Kauf genommen beziehungsweise sich der fahrlässigen oder vorsätzlichen Tierquälerei schuldig gemacht», schreibt die Staatsanwaltschaft in der Verfügung. Darüber hinaus lasse sich nicht beweisen, dass die fragliche Verletzung des Fisches tatsächlich vom verwendeten Seil stammen. «Das Verfahren gegen den Beschuldigten ist deshalb vollumfänglich einzustellen.»
Das Veterinäramt des Kantons Zürich legte jedoch Beschwerde ein. Es argumentierte, dass es beim Fang «einzig um die Befriedigung der Egos der Sportfischer» gegangen sei. Die Fangmethode habe für das Tier eine «grosse Belastung und Schmerzen» bedeutet. Das Obergericht hiess die Beschwerde im Juli 2023 gut, daher kam es schliesslich zum Strafbefehl.
Schonende Fangmethode gewählt
Widmer betont: «Mein Kollege und ich haben den Fisch beim Fang so schonend wie möglich behandelt. Wir sind keine Tierquäler.» Den erschöpften Wels habe man erst am Ufer mit einem sehr langen Seil am Boot festgemacht. «Wir haben das Tier nicht mit dem Seil über den See gezogen, zu keiner Sekunde gab es Zug auf der Leine.»
Er fische seit Jahren, verfüge über einen Sachkundeausweis, habe alle nötigen Prüfungen absolviert. «Gemäss der Fischereiverordnung habe ich nichts falsches gemacht – wir haben den Fisch gemäss allen Vorschriften so tierschutzfreundlich wie möglich behandelt», sagt Widmer. Aufgrund seiner Grösse sei es ihnen aber nicht möglich gewesen, den Fisch vor Ort zu töten. Zudem habe der Berufsfischer den Wels unbedingt lebend gewollt. «Und eine Freilassung des Fischs wäre gar nicht möglich gewesen, da seine Muskeln derart übersäuert waren, dass er auf Grund gesunken und gestorben wäre.» Deshalb sei das Anbinden mit dem Seil «deutlich schonender» gewesen als alle anderen Alternativen. «So kenne ich das etwa aus Spanien und Italien, wo das Gang und Gäbe ist.»
«Anschuldigungen machen einen kaputt»
Der von ihnen herbeigerufene Berufsfischer habe den Wels anschliessend in Empfang genommen und ihn im eigenen, sehr kleinen Zuchtbecken über mehrere Wochen gehältert. Ein weiterer Privatfischer habe den Wels nach dem Fang aus dem Becken gefischt, um ihn nachzumessen und habe aufgrund festgestellten Verletzungen Anzeige gestellt. «Wieso aber plötzlich wir für die Verletzungen verantwortlich sein sollten – ganz entgegen den Aussagen des Berufsfischers in der Polizei-Einvernahme – ist mir ein Rätsel», sagt Widmer.
In der Szene kenne man ihn, jeder wisse, wer den Rekordfisch aus dem Greifensee gezogen hat, sagt Widmer. «Dieser Prozess und die falschen Anschuldigungen machen einen kaputt – auch meine Karriere als Youtuber habe ich aufgeben müssen», sagt der leidenschaftliche Fischer.
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Kevin Widmer
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Rüti, ZH