
Mein Leben hat ein Ablaufdatum
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Nun kam der Anruf. Morgen werde ich erfahren, wie meine nächsten Wochen Richtung Tod sich gestalten. Zumindest in der Theorie. In der Praxis? Ist es mir unvorstellbar. Ich hoffe auf einen kurzen Prozess, wenig Absonderlichkeit und Schmerz. Viel Zeit mit meinen Kindern und meinem Partner. Innige und für uns bestimmt auch besondere und bewusste Zeit mit viel Gefühlschaos.
Irgendwie ging alles so schnell. Wohl wissend, dass die Erde sich weiter dreht, für mich zunächst gefühlt nicht, dann tatsächlich nicht mehr. Geht ja jedem so, Sterben gehört dazu. Nur, dass ich mich darauf vorbereiten kann. Fast schon praktisch?! So liegen vor mir Themen wie Trauerfeier planen, Vorsorge klären, Beerdigung, etc.
„Mein Leben hat nun ein Ablaufdatum“, so fühle ich es und so ist es. Und so lange ich mich schon bewusst darauf vorbereiten und den Schmerz gut in Portionen an mich heran und wieder schwinden lassen kann, stelle ich mir die Frage, wie meine Kinder mit dem Verlust umgehen und leben werden. „Dem Verlust“, das bin ich, ihre Mama. Wir drei, ein Team.
Völlig überfordert mit der neuen Diagnose Hirnmetastasen statt „nur“ Malignes Melanom metastasiert. Seit 2009 sträubt mein Körper sich aufzugeben, sträube ich mich aufzugeben. Sehe ich garnicht ein, mein Leben ist wundervoll - jeder Atemzug beim Joggen, das bunte Blatt unter meinem Schuh, das Gestreite aus dem Kinderzimmer, sowie das Türknallen danach; die Berührung meines Mannes, wenn er sanft meine Stirn küsst, während wir auf der Couch liegen und mich danach so toll anlächelt - für mich schreit alles nach Liebe!
Und so soll es auch bleiben, so gut es eben geht. Solange ich noch lebe, während ich mich verabschiede und auch, wenn ich weg bin. Also nee, weg werde ich nicht sein, ich möchte mich schon vergewissern, wie es meinen Lieben geht und ihnen irgendwie Zeichen geben und Kraft schenken. Nicht so die Tasse, die bei einem schlechten Gedanken herunter kracht, eher so der helle Stern. So stelle ich mir das vor :))
+++ Und jetzt wird es wichtig! +++
Auf der Suche nach professioneller Hilfe bin ich fündig geworden.
Es hört sich unwirklich an, aber ich bin ganz sicher, überzeugt und rundum glücklich einen kleinen Engel an meine Seite gestellt bekommen zu haben.
Mein Ziel: für die Kinder von jetzt an eine Begleitung, einen Hafen, eine Anlaufstelle zu schaffen, die ihre Gefühle, Gedanken, Sorgen, Ängste und vielleicht auch Neugierde, sowie Zuversicht und Hoffnung annimmt und begleitet.
Das Elternhaus für das krebskranke Kind e.V.
Was bisher geschah: leicht verunsichert, kontaktierte ich das Elternhaus für das krebskranke Kind e.V., schilderte kurz und knackig mein Anliegen, dass ich für meine Kinder eine Begleitung suche. Und zwar keine Psychotherapie - in geregelten Abständen Gefühlsstriptease auf Knopfdruck. Sondern einen Ort, Menschen, die für sie da sind, nach Bedarf und deren Bedürfnis. Auch zum Spielen, Lachen oder Schweigen.
Eine Psychosoziologin antwortete mir ganz fix und bereits in ihrer Mail mit so viel Verständnis und Wärme, dass ich mich in totaler Geborgen gefühlt habe.
Unser erstes Kennenlerndate war bereits mehr Wert als alles, was ich mir je hätte erdenken und wünschen können. Ich habe mich emotional komplett geöffnet, alle meine Fragen - in so unkoordinierter Reihenfolge sie auch aus mir heraus platzen- fanden ihre Aufmerksamkeit und Berechtigung, wurden beachtet statt relativiert und ich habe unglaublich viele fachliche als auch emotionale Lücken schließen können. Nach Hause fuhr ich mit dem Gefühl, dass das Elternhaus für das krebskranke Kind e.V. für mich von nun an eine wichtige Säule, wenn nicht die Wichtigste sein würde; auf meinem Weg in den Tod. So begleitet mich Frau W. seitdem, schenkt mir ein Lächeln, Mut, gibt mir Kraft und lässt mich trauern, wütend und verzweifelt sein und mich mit konstruktiven Gedanken nach Hause gehen, die mich stärken.
Dass meine Familie hier jederzeit willkommen ist, meine Kinder und mein Partner hier eine Insel haben, wo sie nicht funktionieren müssen, sondern einfach sein dürfen, lässt mich ein wenig entspannter mit einem Bein im Grab stehen. Und ich habe wirklich kleinen blassen Schlimmer, wie Menschen in meiner Situation diesen tiefen Schmerz und die Trauer ertragen, sich von geliebten Menschen und ihrem schönen Leben verabschieden zu müssen, ohne einen Engel, eine Frau W. an ihrer Seite.
Die Arbeit des Elternhauses ist wirklich unbezahlbar. Es ist mir ein riesiges Anliegen auch hier nochmal wirklich von Herzen zum Spenden aufzurufen. Ich hätte mich ohne mein Engelchen längst aufgeben statt hier noch für Anliegen zu kämpfen, die mir wichtig sind.
Für weitere Infos zur Institution und deren Arbeit hier entlang …
Die Spendensumme ist fiktiv und einfach nur diese, weil die 7 meine liebste Zahl ist. Es möge sich bitte niemand genötigt fühlen spenden zu müssen. Ich hatte einfach so so viele „WunschspenderInnen“, dass ich liebend gerne diesen Hinweis hier teile. Wer also glaubt, er braucht nicht unbedingt das zehnte paar Schuhe - ok, war doof, Schuhe kann man nicht genug haben :) - darf diese Kampagne gerne unterstützen.
Organizer
Sarah Meyer
Organizer
Göttingen, Niedersachsen